Berichte


RAAM Qualifikation erfolgreich beendet
727 Kilometer 6.300 Höhenmeter in 28 Stunden und 24 Minuten.

Die RAAM Qualifikation war leider letztes Jahr auf Grund einer Erkältung kurz vor dem Start, nicht mehr zu schaffen, also hieß es sich voll auf 2010 zu konzentrieren.

Als aller erstes bedeutete dies den Schock der geänderten Strecke zu verkraften. (Es gibt zwei Strecken, auf denen die Qualifikation in Wangen an der Aare gefahren wird. Jedes Jahr wechseln sich diese Strecken ab.) Somit waren die Streckenerkundung mit dem Rad und das in stundenlanger Arbeit erstellte Roadbook von 2009 für die Katz. Egal, ich erstellte mir also ein neues Roadbook, das mir die Erkundung der Strecke, und meinem Begleiterteam das Navigieren erleichtern sollte. Den sehr guten GPS Track (gpx), den es zum Download auf www.Radmarathon.ch gab, habe ich um die Bergwertungen erweitert und an diversen Stellen mit wichtigen Abzweigungen gekennzeichnet, weil es sonst die Gefahr des Verfahrens gegeben hätte.

Bewaffnet mit diesem Track auf meinem Navi, bin ich also in die Schweiz, um mit meinem Trainingsrad die Strecke zu erkunden. Ich bin jede Runde (Süd und Ost) jeweils einmal abgefahren, und habe mir die Strecke und die Kontrollstellen eingeprägt.

Ein paar Wochen vor dem Start bin ich noch einmal in die Schweiz gefahren, um die Strecke noch besser kennenzulernen. - Am Start wollte ich das Navi nullen… Doch was tat ich?! Ich, Hirsch, löschte dann mal so eben den Track! Sche..e, was jetzt.?! (Geschichten, die das Leben schreibt.) - Ich bin dann eben die gesamte Strecke ohne technische Unterstützung gefahren. Bis auf einen kleinen Fehler auf der Südrunde, konnte ich mich auf meine eigene Software und Streckenkenntnisse verlassen. Mit diesem Gefühl der Sicherheit jubelte es in mir: Qualifikation, jetzt kannst Du kommen! :-)

Nachdem ich in Welschenrohr ein Zimmer und in Lörrach eine schöne schwarze E-Klasse T-Model organisiert hatte, ging es dann am 01. Juli 2010 zusammen mit meinem Vater ab nach Welschenrohr. Die Besitzer des Hotels waren sehr nett, und überrascht, dass die RAAM Qualifikation bei ihnen um die Ecke war. Jörg Beyreuther ("Captain") kam am Abend auch an unserem Hotel an. Am 02. Juli ging es dann nach einem guten Frühstück im Hotel an den Start nach Wangen an der Aare. Jörg und Vater mussten noch nach Lörrach, um unser Auto zu holen.

(Tipp für Sparfüchse: Warum habe ich den Leihwagen in Lörrach gebucht? Ganz einfach, das exakt gleiche Auto hat in Basel-Stadt 400 €, in Basel am Flughafen 1.000 € und in Lörrach 168 € gekostet! Wo mietet man also jetzt das Auto? :-))

Ich hatte in der Zwischenzeit die Startunterlagen geholt, und meine "Rakete" zusammengebaut. Nachdem mein Begleiterteam mit dem Leihwagen zurück waren, verstauten wir alles im "Schlachtkreuzer": Ersatzrad, Laufräder, Kühlbox, Werkzeugkiste, Unmengen an Wasser, Ensure, etc.

Alles soweit im grünen Bereich? Also hieß es noch einmal auf's Stille Örtchen zu gehen und ordentlich Sonnencreme aufzutragen. (Es war schon jetzt um 10.30 Uhr ordentlich kuschelig.)

Eine, wie ich ja wusste, sehr anspruchsvolle Strecke erwartete am 02. Juli 2010 uns 32 Teilnehmer aus 10 Nationen. Es galt nun immer im Wechsel eine Süd- und eine Ostrunde zu fahren. Die Südrunde musste viermal und die Ostrunde dreimal absolviert werden. Die Südrunde mit einer Strecke von 100 Kilometern und 770 Höhenmetern war mit vier längeren Anstiegen meine Lieblingsrunde. Die Ostrunde, sehr wellig, mit 109 Kilometer und 1.090 Höhenmetern erforderte von uns Fahrern mit den Kräften genauestens hauszuhalten, weil hier unter anderem zwei RICHTIG üble kurze Rampen auf uns warteten.

Trotz der Sicherheit einer guten Vorbereitung (Track, Auto, etc.) wuchs mein Lampenfieber. Um 11.30 Uhr war es dann endlich so weit. Der erste Fahrer wurde auf die Strecke geschickt. Danach folgten Fahrer auf Fahrer im Minutentakt. Windschattenfahren war vom Start weg strengstens verboten!!!

Um 11.53 Uhr startete ich als 24ter. Mit einem Urschrei habe ich mich gepuscht und Unmengen von Adrenalin rausgehauen. Mein Begleiterteam, folgte mit 15 Minuten Abstand im Begleitfahrzeug.

Zunächst stand die Südrunde auf dem Programm. Es gab zwei Kontrollstellen. Und obwohl ich die Strecke bereits an zwei Wochenenden zuvor mit dem Rad abgefahren war, verpasste ich den Einstieg in den ersten Berg. Nach 200 m bemerkte ich diesen Fehler und kehrte um. (Der Grund für diesen Fahrfehler war das Löschen des Tracks bei der zweiten Streckenerkundung, da war ich anders in den Berg gefahren.) Es galt für mich nun Ruhe zu bewahren und dies nicht als böses Omen zu betrachten. Am ersten Berg wurde ich von zwei Fahrern überholt, denen ich fair alles Gute für die Fahrt wünschte. Die Jungs haben dann aber das Ziel nicht erreicht, aber ich bin unschuldig :-) Am zweiten Anstieg überholte mich dann ein weiterer Teilnehmer. Die Aussicht am zweiten Kontrollpunkt auf das traumhafte Bergpanorama war gigantisch, und hat mich immer wieder aufgebaut. Im Ziel angekommen war ich 20 Minuten vor unserem Zeitplan. (Unser Zeitplan war auf eine Ankunft 45 Minuten vor dem Zeitlimit ausgelegt, bei einer Geschwindigkeit, die der meiner Erkundungsfahrten entsprach; humanes, realistisches Tempo.)

Die erste Ostrunde begann ebenfalls mit Schwierigkeiten. Eine nicht auf grün schalten wollende Baustellenampel bremste mich aus. Ich sagte einem Bauarbeiter, dass die Ampel kaputt sei, und nicht auf grün schalte, seine Antwort war der Mittelfinger, da kam ich ein "bissl" in Rage und habe ihm alle Schimpfwörter, die mir gerade in den Kopf gekommen sind, um die Ohren gehauen, und das waren einige :-) - So ein Hirsch, ich machte ihn auf ein Problem aufmerksam und bekam den Dicken gezeigt, na Danke! - Mein Betreuerteam konnte wegen dieser Ampel natürlich nicht pünktlich an der ersten von fünf Kontrollen sein, was besonders bei solch einem Rennen und diesen schwierigen, heißen Bedingungen zu einer enormen Unsicherheit beim Fahrer und Team führen kann. Denn die Hitze war brutal. 35°C im Schatten. Ich trank eine Flasche isotonisches Getränk nach der anderen und musste somit während des ganzen Rennens mit ca. 30 Liter Flüssigkeit versorgt werden. Zusätzlich wurden mir noch Magnesiumtabletten dargereicht. Bei dem hohen Salzverlust war dies auch bitter nötig. (Am Abend war mein Trikot an den Ärmeln nicht mehr blau sondern weiß von dem Unmengen an Salz aus dem Schweiß.) Ergebnis dieser Bemühungen war, dass ich keinen einzigen Krampf bekam. Leider war mein Begleitfahrzeug hin und wieder mal nicht an den Kontrollen, obwohl meine Begleiter auch ein Navi mit dem Track hatten, aber Sie hatten auch einiges zu tun. Wenn die Beiden mal nicht vor mir an den Kontrollen waren, dann bin ich halt weitergefahren, hab mich aufgeregt, und dann waren Sie irgendwann auch wieder neben mir, und alles war wieder in Ordnung. Nach der ersten Ostrunde war ich 30 Minuten vor unserem Zeitplan.

Mit der zweiten Südrunde musste ich mich für die beginnende Nachtfahrt schnellstens umziehen (Warnweste, Ärmlinge, Knielinge und Beleuchtung anschließen). Danach befand ich mich in einem regelrechten Rausch, die Berge waren wie Ebenen. Mit Leichtigkeit bügelte ich alle widrigen Anstiege und Berge weg. Auf dieser Runde kamen so langsam auch die Randonneure (200 und 400km), die mich hin und wieder lobten, und mir mords Respekt vor meiner/unserer Leistung zollten. Das hat auch noch einmal Kraft gegeben, dieser Ausdauersport beruht halt zu 90% auf der Psyche, und da tut so ein Lob schon richtig gut :-) (Die Fahrer, die die RAAM-Qualifikation fuhren hatten rote Startnummern und konnten somit von den Randonneuren mit schwarzen Startnummern gut erkannt werden.) Nach der zweiten Südrunde war ich immer noch eine halbe Stunde vor dem Zeitplan, was auch nach der zweiten Ostrunde noch der Fall sein sollte. Bei der zweiten Ostrunde war auch Halbzeit, ab da ging es quasi gen Heimat :-)

Die Rechnung kam dann aber auf der dritten Südrunde. Mein Körper fing an zu rebellieren. An die Aufnahme fester Nahrung war nicht mehr zu denken. Die Ersatzernährung und ordentlich Cola haben aber bei der Überbrückung dieses Tiefs geholfen. Meine Betreuer hatten bei der ersten Kontrolle auf der Südrunde in Affoltern Nudeln organisiert, die ich dann in Habstetten (zweite Kontrollstelle auf der Südrunde) versuchen wollte zu essen, leider habe ich an zwei Gabeln voll Nudeln 10 Minuten rumgekaut. An einer Bäckerei versuchte ich ein Stück Erdbeertorte zu essen, ich habe es einfach nicht runter bekommen, normalerweise dauert das 2 Minuten, und dann ist so ein Stück verschwunden, aber ich bekam auch hier wieder fast nichts runter. Nach der dritten Südrunde hatte ich bereits 20 Minuten Rückstand auf unseren Zeitplan, so langsam wurde es kritisch. Ich konnte aber nun auf der regulären Runde fahren, denn die ersten beiden Südrunden mussten wir eine Umleitung wegen einer Veranstaltung nehmen.

Vor der letzten (Süd-)Runde fiel es mir leichter ein paar Nudeln zu essen (an der Zielkontrolle). Mit dieser kleinen "Kraftnahrung" startete ich mit einer Verspätung von 30 Minuten auf unseren Zeitplan. Ich versuchte noch einmal alles aus meinem Körper herauszuholen. Die Zeit lief schneller als ich fahren konnte! Dank dem großen Engagement meines Betreuerteams, konnten mir nach ungefähr der Hälfte der letzten Runde noch drei Kohlenhydratgels verabreicht werden. - Man staune wie schwierig es ist in der Schweiz so etwas zu beschaffen. - Die letzten Kraftreserven kamen nun zum Vorschein. SECHS Minuten vor dem Zeitlimit erreichte ich als Neunter das Ziel. Da kam die deutsche Pünktlichkeit zum Tragen. Ich konnte mich aber noch nicht freuen, weil ich ja nicht wusste ob wir eine Zeitstrafe, wegen Missachtung einer der diversen Regeln aufgebrummt bekommen hatten. Nachdem ich mich an der Kontrolle gemeldet hatte, wollten uns die Veranstalter verklickern, dass ich noch eine Runde fahren müsse. In diesem Moment fiel es mir schwer freundlich zu bleiben. Ich glaube, ich ließ meinen Emotionen freien Lauf. – Sorry, an dieser Stelle, an die Personen, die das abbekommen haben. Argumentativ muss ich aber wohl doch noch gut drauf gewesen sein, oder?! Nach ein paar Minuten "Gespräch" war nämlich alles wieder in bester Ordnung.

WIR hatten es GESCHAFFT. Keine Zeitstrafe. Keine "zusätzliche" Runde. Einfach nur: STRIKE! :-)

Von den 32 gestarteten Fahrern haben 11 das Ziel erreicht und 10 haben sich für das RAAM qualifiziert.

Dank der hervorragenden Unterstützung meines Teams (Jörg Beyreuther und mein Vater), schaffte ich diese wohl härteste Prüfung meines Lebens im Zeitlimit.



Zitat von der Website www.Radmarathon.ch (Veranstalter der RAAM Qualifikation):

"Hitzeschlacht auf den Radmarathonstrecken

Der 10 Schweizer Radmarathon wurde vor allem von der Hitze und dem Kampf der Langstreckenfahrer mit der extremen Witterung geprägt.
Noch nie war die Ausfallquote auf den langen Strecken so groß - nur die Harten kommen durch...

Viele angemeldete haben angesichts der Wetterprognosen auf den Start verzichtet. Das dadurch entstehende Manko in der Teilnehmerzahl wurde durch fast ebenso viele Nachmeldungen wieder ausgeglichen. Das Wetter war extrem: Tagestemperaturen von 35 Grad am Schatten - die Radfahrer fahren bekanntlich an der Sonne - und kaum Abkühlung in der Nacht kochten die Teilnehmenden über 720 und 400 km förmlich aus. Die Streckenanlage mit Schlaufen zu je 100 km verleitete sicher viele, am Ziel den einfachen Weg zu nehmen und aufzugeben. Erfreulich ist, dass durch die gute Disziplin und vorsichtige Fahrweise auch in diesem Jahr keine schweren Unfälle zu verzeichnen waren.

Hut ab vor allen Finishern, aber auch vor denen, welche der Hitze, der Anstrengung oder anderen Umständen Tribut zollten und das Ziel nicht nach der gewünschten Distanz gesehen haben.

Erstmals konnten die Teilnehmer der RAAM-Qualifikation live im Internet verfolgt werden. Das System, welches in der Woche zuvor am RATA seine Feuertaufe erlebte, hat nach ein paar technischen Problemen am Freitagnachmittag ausgezeichnet funktioniert. Die Technologie wird weiter verfeinert und wird auch nächstes Jahr wieder zur Verfügung stehen."



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